Eine sechsmonatige Weltreise ist eine tolle Erfahrung. Was aber keiner in seinen tollen Reiseberichten zugeben will: Manchmal wird es auch brenzlig oder schlichtweg scheiße.

Aller Anfang ist schwer

Ich erinnere mich zurück an die Anfänge meiner Weltreise. Das erste Drama begegnete mir schon vor dem Start: Wo zum Kuckuck ist mein Reisepass? Ich überlege. Die letzte Reise mit Stempelheft ist nicht länger als ein halbes Jahr her. Weit kann er also nicht gekommen sein. Da fällt es mir ein: Blöderweise liegt der Pass noch bei der Agentur, die sich angeblich darum kümmert, für einen stattlichen Aufpreis das Visum für dein Reiseziel zu organisieren und binnen eines Monats wieder zuzuschicken. Diese Dienstleistung hat wohl nicht wie versprochen geklappt. Nur durch täglichen Telefonterror erreichte mich der Pass inklusive Visum ganz genau einen Tag vor Abreise.

Der Klassiker im Ausland: Diebstahl

Auch mich hat es erwischt, obwohl ich die Menschen stets belächelt habe, denen ein Raub widerfahren ist. Bei der ersten Attacke konnte ich noch Abwehr leisten durch Selbstverteidigung. Doch beim zweiten Mal hat jemand mein Reisetelefon im Wert von zwölf Euro aus der Vordertasche meines Rucksacks entnehmen können. Solche Taten vergiften wirklich jegliche Beziehung, die dem Reiseland gegenüber bereits aufgebaut wurde. Noch Tage danach war Vorsicht und Misstrauen präsent.

Parlez vous francais? Natürlich nicht!

Reisen ist häufig mit kulturellen Hürden verbunden. Essen, Musik, Mentalitäten – kein Problem, kann ich! In vielen afrikanischen Ländern spricht man jedoch ausschließlich Französisch. Kann ich nicht! So beginne ich, mit Händen, Füßen, Zettel und Stift, den Weg ausfindig zu machen. Was mich zum Ausflippen bringt, ist wenn jemand denkt, dich zu verstehen, dir kompetent einen Weg vermittelt und es schließlich der falsche war und man so voller Vertrauen gefühlt 50 Kilometer in die falsche Richtung gelaufen ist. Dennoch ist die Hilfsbereitschaft der Menschen ehrwürdig.

Handeln ist nichts für jeden

In Entwicklungsländern tobt der Bär. Es ist laut, die Funktion eines Autos wird in vollen Zügen genutzt, die Hupe absolut nicht nur zur Warnung gedrückt, Marktschreier laufen auf den Straßen und verhökern lauthals ihre frische Ware. Schon mal gehandelt? In Souvenirs-Shops ist es viel mehr ein langwieriger Kampf als ein kurzes Einkaufsvergnügen.  Die Verkäufer geben dir überdimensionale Preise, die das Vertrauen zwischen ihnen und dir im Handumdrehen verpestet. Sie scannen deine Blicke und dein Verhalten. Ich hasse es, denn ich fühle mich durchgehend verarscht. Wenn mir der erste Preis genannt wird, halte ich Pfeil und Bogen bereits in den Händen. Der Kampf kann beginnen. Und erst nachdem sich auf einen vernünftigen Preis geeinigt wurde, wird auch wieder gelächelt. Auf dieser Reise wollte uns beinahe ein Verkäufer verprügeln, weil wir, nach einer 30-minütigen Diskussion, seine Ware nicht kaufen wollten.

Gott und die Welt

Hey, glaubst du an Gott? Etliche Rechtfertigungen und nerventreibende Erklärungen, warum ich nicht so religiös bin, haben mich durchgehend verfolgt. Was, du glaubst nicht an Gott und gehst nicht jeden Sonntag in die Kirche? WARUM? Manche haben mich sogar beleidigt, mir erzählt, dass ich eine schwarze Seele habe oder haben versucht mich zu bekehren.

Reisekonstellation

Eine bestimmte Phase meiner Weltreise stößt mir heute noch gelegentlich in den Kopf. Es geht um das Reisen im Dreier-Gespann, was ich für etwa einen Monat gemacht habe. Wahrscheinlich ist es schon seit eh und je eine nicht zu empfehlende Reise-Kombination, allerdings war mir die Problematik gar nicht bewusst und ist daher eine völlig neue Erfahrung. Leute, Leute! Dabei können Freundschaften in die Brüche gehen. Wenn du nicht dieselben Interessen, Vorhaben oder gar Gedanken hast wie der Rest, bekommst du Ängste, ausgeschlossen zu werden. Gesprächsthemen, in denen du nicht involviert bist, vermiesen dir die Laune und du fängst an dir einzureden, dass du ein Verlierer bist. Ein Monat voller Vorsicht, Bedacht und innerer Unruhe. Mein Tipp: Lieber ganz artig zustimmen und vielleicht ein, zwei Kommentare eher weglassen!

Finger weg!

Zu einer knackigen Abenteuerreise gehört natürlich auch etwas Unvernünftiges. Drogen! Gründe, weshalb Touristen sich in Kambodscha auf einer einsamen Insel etwas länger aufhalten, sind vermutlich die Happy-Pizza und der Kater danach. Kurze Zusammenfassung: Erst Happy, dann müde, dann eingeschüchtert, dann Angst, dann Panik. Diese Pizza hat es in sich und hält dich laaaaaaangeeeee in deinen Gedanken gefangen. Unerwartet lange blieben wir auf diesen Trip hängen und wollten, dass es einfach nur vorbei geht. Der Versuch schlafen zu gehen, scheiterte kläglich. Jeder einzelne Gedanke wird bis ins Detail auseinandergenommen. Der Weg zu deinem finalen Gedanken ist plötzlich unendlich lang und kleine Nebengedanken werden ebenfalls genauestens unter die Lupe genommen. In mir hat es eine Angst ausgelöst, diesen Rausch nicht mehr loszuwerden. Schließlich entstand Panik, doch selbst kaltes Wasser im Gesicht holte mich nicht mehr zurück in den normalen Zustand. Noch heute habe ich ab und zu das Gefühl, dass der Trip noch nicht zu Ende ist. Mich treffen Momente, wo ich mir vorstelle, immer noch nicht eingeschlafen zu sein. Ich habe seither extremen Respekt vor psychedelischen Drogen.

Resümee

Reisen kann auch kacke sein. Du erlebst nicht immer nur das, was du deinen Freunden und der Familie auf den Bildern zeigst. In solch niederschmetternden Situationen hast du nicht unbedingt die Laune, den Moment fotografisch aufzunehmen. Zumal es hier eher eine emotionale Basis annimmt. Jede ungünstige Erfahrung hat allerdings auch einen Nutzen. Du lernst ungemein aus negativen Ereignissen in deinem Leben, sei es in der Uni, auf der Arbeit und insbesondere auf einer Reise. Wir Menschen haben gewisse Erwartungen und Vorstellungen auf Reisen, die nicht immer erfüllt werden können. So ist es doch schon fast vorprogrammiert, dass so eine große Reise auch Schattenseiten mit sich bringt. Ich habe mich häufig zusammenreißen, Dinge durchstehen müssen, die mir nicht gefallen haben. Dennoch möchte ich solch schlechte Erfahrungen nicht missen. Sie haben mich im Leben schon jetzt stärker und selbstbewusster gemacht. Und die Lust zu reisen hat auch nicht darunter gelitten.

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