Manchmal wäre ich gerne eine Klitschko. So ein richtiges Schwergewicht – groß, bullig, mit tiefer Stimme und ernstem Gesichtsausdruck. Ein Klitschko macht immer einen imposanten ersten Eindruck, noch bevor er anfängt zu sprechen. Die Brüder sind zwar keine ästhetischen Wunderwerke, aber sie haben fantastische Voraussetzungen, um allein mit ihrem Auftreten zu überzeugen. Wer zwei Meter misst, kann ja gar nicht übersehen werden. Großen Männern traut man etwas zu – die wissen, wovon sie sprechen. Ich bin überzeugt, eine solche Statur würde auch mir in fast jeder Lebenslage in die Karten spielen.

Äußerlich bin ich eher das Gegenteil – wie so viele Frauen. Hohe Stimme, wenig Kraft, und von Natur aus schmal gebaut. Kurzum: Meine Mukkis sitzen nicht am Oberarm, sondern in meinem Kopf. Diese Kräfte sind also vor allem eines: unsichtbar. Und genau das ist oft ein Problem – im Alltag, im Studium, im Beruf. Frauen wird erst einmal weniger zugetraut als Männern. Das ist kein Einzel-, sondern der Regelfall.

Kann die was?

Um sich Anerkennung zu verschaffen, muss frau zunächst Leistung zeigen. Nur langsam und stetig gelingt es, Skeptiker davon zu überzeugen, dass auch in einer überschaubaren Körpergröße eine Menge Fähigkeiten stecken können. Den meisten Männern geht es anders, sie strahlen von Haus aus Selbstsicherheit und Kompetenz aus. Ich hingegen muss erst einmal beweisen, dass ich etwas kann.

Eine fiese Geschichte, die sich an meiner alten Uni abgespielt hat, habe ich selbst miterlebt: Ein Dozent sträubte sich, einer Kommilitonin eine 1,0 für ihre Hausarbeit zu geben. Grund: Die Arbeit war zu gut. Das sei nicht der Schreibstil einer 24-Jährigen, sie könne diese Ausarbeitung unmöglich selbst geschrieben haben. Oder ob sie etwa den Regisseur des Films kenne, über den sie geschrieben hat?

Klar. Weil es ja auch viel realistischer ist, mit einem bekannten Filmemacher befreundet zu sein, als selbst eine außergewöhnlich gute Arbeit zu schreiben. So viel Genie passt schließlich nicht in 1 Meter 60 hinein. Die 1,0 hat die Kommilitonin doch noch bekommen – allerdings widerwillig und nur stellvertretend für die Person, die diese Arbeit tatsächlich geschrieben hat. Sie könne es ja nicht gewesen sein. Danke für nichts.

Hürdenlauf – Übung macht den Meister

Mann und Frau sind per se nicht gleichauf. Das ist kein Rumheulen, sondern Fakt. Es kostet oftmals viel Anstrengung, den ersten Eindruck, den andere von einem haben, auszugleichen. Diese „Einstiegs-Hürde“ müssen Männer nicht nehmen. Sicherlich errichten die Wenigsten solche Hindernisse bewusst, das ist ja die Krux. Gerade deswegen sollten die Sinne für dieses Ungleichgewicht geschärft sein. Denn ob man ernst genommen wird oder nicht, hängt nicht nur vom eigenen Auftreten ab, sondern auch vom Gegenüber.

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mm
Autor

sortiert ihren Kleiderschrank nach Farben, ekelt sich vor Federn, hat eine „Emu-Gnu-Schwäche" und immer ein Paar Gummistiefel im Kofferraum.

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