Vom Medieninformatikstudium in Flensburg ins Studio der Show Late Night Berlin: Simon Meyer hat den Sprung geschafft. Wie er bereits während des Studiums hart an seiner Karriere gearbeitet hat  – oder wie er sagen würde, seine Leidenschaft voll ausgelebt hat – und wie der Arbeitsalltag als Jungredakteur beim Fernsehen aussieht, erzählt er im Interview.

Zeile_9: Nach dem Abi ging es für Dich von Osnabrück nach Flensburg, wo Du dann Medieninformatik mit dem Schwerpunkt Film studiert hast. Was ist rückblickend das Wichtigste, das Du dabei gelernt hast?

Simon Meyer: Das selbstständige Arbeiten. In meinem Studiengang gibt es sehr viele Projektarbeiten. Häufig haben wir eine Aufgabe bekommen und sollten dann zum Beispiel einen kurzen Film drehen. Dafür gibt es keine Musterlösung. Durch das selbstständige Arbeiten an solchen Projekten eignet man sich viele wichtige Studieninhalte an. Man kann sich ausprobieren und aus seinen individuellen Fehlern lernen.

Neben Deinem Studium hast Du auch an vielen Medien-Projekten gearbeitet. Was für welche waren das und wie kamst Du dazu?

Angefangen hat alles damit, dass ich in der ersten Woche meines Studiums entdeckt habe, dass man sich Kamera-Equipment an der Hochschule leihen kann. Seit diesem Moment stand ich jede Woche aufs Neue in der hochschuleigenen Ausleihe und habe alles Mögliche an Equipment ausprobiert. Mein Anspruch war und ist es auch jetzt noch, so viele Filme wie möglich zu drehen und zu produzieren und dadurch auch möglichst viel Erfahrung zu sammeln. Ich glaube, nur dann, wenn man etwas oft und kontinuierlich macht, wird man auch besser darin. Ich habe anfangs nur Portraitbilder von Freunden gemacht. Dann ging es irgendwann weiter und ich habe mit ein paar Leuten Musikvideos produziert. Danach kamen die größeren Studienprojekte und Werbefilme.

Das alles klingt so einfach, wenn Du davon erzählst. Wie kommt man an solche Aufträge? Gibt es dafür Ausschreibungen, oder muss man einfach die richtigen Leute kennen?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe die Werke, an denen ich häufig gemeinsam mit Kommilitonen und Freunden gearbeitet habe, online veröffentlicht und es wurden viele Menschen darauf aufmerksam. Im Studium, aber auch außerhalb davon, gab es für mich immer viele Möglichkeiten mich weiterzuentwickeln. Einige Produktionen waren auch für Wettbewerbe. Zu den Highlights zählen der erste Platz bei einem Wettbewerb im Rahmen einer Spotrocker-Werbefilm-Kampagne – das haben wir mit einem Team bestehend aus 15 Leuten geschafft – und das Erreichen der Top 99 beim Firefilmaward, dem mit über 3.000 Teilnehmern weltweit größten Wettbewerb dieser Art. Gemeinsam mit 24 weiteren filmschaffenden Leuten habe ich als Regisseur und Produzent den Kurzfilm „Fulfill Your Dreams“ gedreht.

Das beansprucht sicherlich viel Zeit und Energie. Woher hast Du diese genommen?

Die Hälfte der Zeit ist die Arbeit für mich keine Arbeit, weil ich dafür brenne und es genau das ist, was ich tun will. Ich erfahre aber auch unendlich viel Unterstützung von meinen Freunden und meiner Familie,  was mir einen unglaublichen Rückhalt gibt. Ein Freund von mir hat einmal zu mir gesagt: „Du kannst immer zurück zu deiner Familie gehen und sagen ‚Ich habs verkackt‘ und kannst nochmal neu anfangen. Ich kann das nicht. Bei mir ist niemand da, zu dem ich gehen könnte“. Das hat mir bewusst gemacht, dass ich ganz viel Kraft auch daher nehme, dass ich, egal was passiert, immer zurück kann zu meiner Familie oder meinen Freunden. Dieses Safety Net nimmt mir ein wenig die Angst vorm Scheitern und ich mache die Dinge einfach.

Was ging für Dich vor: Studium oder Medien-Projekte?

Zuerst ging ganz klar das Studium vor. Mein Plan war es, das Studium in Regelstudienzeit mit Bestnoten zu rocken. Dieser ist auch bis zu meinem Praktikum aufgegangen. Ich bin nach Berlin gegangen, um hier mein Praxissemester bei einer großen Werbefilmproduktionsfirma zu absolvieren. Natürlich war es toll dort Einblicke in die größten Werbefilmproduktionen Deutschlands zu bekommen, dennoch war ein Produktionspraktikum nicht das richtige für mich. Ich habe viel Kaffee gekocht, für die Mitarbeiter eingekauft, Rechnungen alphabetisch sortiert, das Festplattenarchiv aufgeräumt und so oft es ging versucht, mich bei den Drehs einzuschleusen. Trotzdem konnte ich viele gute Kontakte knüpfen, die mich unter anderem zu meinem jetzigen Job gebracht haben.

Ich habe festgestellt, dass es in der Medienwelt, speziell beim Film, nicht unbedingt um einen super guten Abschluss geht, sondern viel mehr um das, was du drauf hast. Daher haben sich meine Prioritäten verschoben. Die Projekte zählen nun mehr. Durch sie habe ich mehr Referenzen und Qualifikationen vorzuweisen als durch gute Noten.

Der Jungredakteur hat unter anderem durch die Arbeit an Kurzfilmen, Werbefilmen und Musikvideos viele Erfahrungen gesammelt. Foto: privat

Gab es während der ganzen Zeit Momente, in denen Du an Deiner Entscheidung Medieninformatik zu studieren gezweifelt hast?

Nein. Aber ich muss dazu sagen, dass ich andere berufliche Ziele hatte, als ich mit dem Studium begonnen habe. In meinem Studiengang lag der Schwerpunkt beim Film, das war für mich aber nur eine nette Nebensache. Eigentlich wollte ich Programmierer werden. Ab dem dritten Semester hat sich das aber geändert. Ich habe den Film kennen und lieben gelernt. Informatik machte mir weiterhin Spaß und ich war Tutor in fast allen Programmier-Kursen, aber Film war dann doch interessanter. Dadurch habe ich nie am Studiengang gezweifelt, denn anfangs bin ich in der Informatik aufgegangen und dann im Film. Das war ein fließender Übergang. Beides war einfach richtig geil.

Nach Deinem Praktikum ging es nicht zurück nach Flensburg. Du bist in Berlin geblieben. Wieso das?

Als ich fürs Praktikum nach Berlin kam, ging es erst so richtig los. Ab meinem zweiten Tag in Berlin habe ich an alle möglichen Produktionsfirmen geschrieben und ihnen meine Hilfe – kostenlos und egal bei was – angeboten, Hauptsache ich durfte dabei sein. Ich habe viele Rückmeldungen bekommen und bei meinem ersten Job habe ich einem Szenenbildner assistiert: Um fünf Uhr morgens habe ich versucht irgendwelche Gewächshäuser zusammenzubauen und war einfach nur super happy, dass ich am Set dabei sein durfte. Mit solchen Jobs ging das dann so weiter, ich wurde als erster Kameraassistent für Autowerbung gebucht und war dafür in Schweden und Monaco. Währenddessen habe ich natürlich mein Praktikum weiterhin absolviert. Kurz bevor es zu Ende ging, hat mich ein Producer von Late Night Berlin angerufen, dem ich weiterempfohlen worden bin. Er fragte, ob ich nicht Lust hätte mal vorbeizukommen und das habe ich dann gemacht. So bin ich dort als Redakteur gelandet.

Wie kann man sich Deinen Arbeitsalltag dort vorstellen?

Wir haben ganz normale Bürozeiten von neun bis 18 Uhr. Montags zeichnen wir immer die Show auf, da fangen wir früher an und bleiben auch länger. Theoretisch könnte ich jeden Tag länger arbeiten, denn es gibt immer etwas zu tun. Mein Anspruch ist, dass ich das in meinen Augen beste Ergebnis erreiche und vorher möchte ich auch nicht nach Hause gehen.

Wie empfindest Du die Arbeit mit Prominenten?

Ehrlich gesagt bin ich überhaupt nicht im Bilde, was die Stars und Sternchen angeht. Für mich sind bei der Arbeit alle Menschen vor allem Arbeitskollegen – auch die Schauspieler. Man merkt, dass solche Leute viel Erfahrung mitbringen und es ist beeindruckend zu sehen, was sie drauf haben.

Gibt es schon Pläne für die Zukunft?

Ich möchte auf jeden Fall im Filmgeschäft bleiben. Jetzt gerade bin ich einfach glücklich bei Late Night Berlin zu arbeiten, weil wir hochwertig produzieren. Vielleicht mache ich noch einen Master. Ich würde gerne irgendwann in die Werbebranche gehen.

Also auf die Seite der „Bösen“ wechseln?

Nein, es müssen ja nicht unbedingt Werbefilme für bekannte Fast-Food-Ketten sein. Es klingt vielleicht doof, aber für Werbefilme gibt es meistens ein sehr hohes Budget und das gibt einem letztendlich noch viel mehr Möglichkeiten sich kreativ zu entfalten.

Was würdest Du anderen empfehlen, die beim Film Fuß fassen wollen?

Ich würde jedem raten, jeden Tag raus zu gehen und zu drehen. Filmen bedeutet Erfahrungen zu sammeln. Dabei ist es erst mal egal, was man filmt. Einfach machen, machen, machen!

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mm
Autor

findet, dass mit Hummus alles besser schmeckt (außer Schokolade), mag nicht Auto fahren, wenn dabei keine Musik läuft (außer beim Einparken), und relativiert gerne ihre Aussagen (manchmal zumindest).

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