Jeder sucht und findet Stille wahrscheinlich an einem anderen Ort und auf eine andere Weise. Vielleicht im Café, bei einem Spaziergang oder einer Meditation; an all den Orten, an denen man zur Ruhe kommen und die Geräusche um einen herum vergessen kann. Wenn man aber allein loszieht, um die Stille zu suchen, stellt sich oft die Frage, ob man nicht nur seine innere Ruhe finden, sondern vor allem auch mit sich selbst allein sein kann. Ein paar Überlegungen dazu, wie man die Stille findet, das Alleinsein lernt und warum man bei der Suche nach der Stille ab und zu ein bisschen Krach machen sollte.

Stille hat kein Preisschild

Der norwegische Autor Erling Kagge teilt John Cages Ansicht, dass es keine absolute Stille gebe und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Stille in sich selbst zu finden. Seine Gedanken über diese Suche hat er in einem Buch aufgeschrieben, in dem er versucht in 33 Geschichten 33 Antworten auf die Frage zu geben, was Stille ist. Seinen Töchtern erklärt er, dass Stille ein Freund sein könne und ein Luxusgut sei, das mehr wert sei als die Taschen von Marc Jacobs. Dem Abenteurer, der bereits am Nord – und Südpol sowie auf dem Mount Everest war, geht es jedoch vor allem um die innere Ruhe.

„Die Stille um dich herum kann viel enthalten, aber für mich ist die interessanteste Stille diejenige, die in mir ist.“

Erling Kagge

Erling Kagge glaubt, dass jeder die Stille in sich finden könne. „Unter der Dusche zu stehen und sich das Wasser über den Kopf rinnen zu lassen, vor einem knisternden Lagerfeuer zu sitzen, durch einen Waldsee zu schwimmen oder eine Wanderung über eine Hochebene zu unternehmen“ könne jeweils zu dem Erleben perfekter Stille führen. Doch man muss für die Suche nach der Stille nicht unbedingt das Haus verlassen. Auch beim Stricken, Lesen, Meditieren oder mit Hilfe von Yogaübungen kann man zur Ruhe kommen.

Vom Alleinsein und lauten Gedanken

Die Suche nach der Stille ist oft verbunden mit der Suche nach einem Platz, an dem man sich wohlfühlt. Vielleicht kann man mit einer bestimmten Person gut zusammen schweigen oder man zieht sich zurück, sucht den Lieblingsplatz im Park auf. Ich sehe mir zum Beispiel gerne den Sonnenaufgang an oder gehe spazieren. Dabei kann ich allein sein und zur Ruhe kommen. Dabei ist es oft nicht still, weder in der Natur noch in meinem Kopf. Noise Cancelling Headphones canceln ja schließlich auch nur die Geräusche der Umgebung und nicht die Gedanken im eigenen Kopf. Gerade am Anfang des Alleinseins sind diese nämlich oft noch am lautesten und man kann ihnen nicht ausweichen. Erst mit der Zeit merkt man, dass man ruhiger wird.

Foto: pixabay

Die stille Kunst des Alleinseins

Auch wenn man gerne den eigenen Gedanken nachhängt und zur Ruhe zu kommen möchte, bedeutet das nicht, dass das immer gut klappt. Es kann schwierig sein, mit sich selbst allein zu sein, wenn man gestresst ist oder negative Gedanken hat. Vielleicht macht auch hier die Übung den Meister und man sollte sich nicht unter Druck setzen. Zudem denke ich, dass das Erlernen des Alleinseins sowie die Suche nach der Stille auch dadurch erleichtert werden, wenn man jemanden hat, dem man erzählen kann, was man beim Alleinsein in der Stille so gehört hat. Wenn man Herrn Janosch fragt, wie man das Alleinsein lerne, antwortet er: „Man macht es wie Wondrak, der sich so lange in den Park setzt, bis alle anderen weg sind. Dann lernt er das Alleinsein. Jedenfalls bis Luise kommt und ihn holt.“

Von Fragen ohne richtige Antworten

Die Stille und das Alleinsein sind keine neuen, dafür aber sehr individuelle Themen. Jeder muss sich selbst eine Antwort auf die Frage suchen was Stille ist und wie man mit sich allein ist. Die eine richtige Antwort hat auch Erling Kagge auf seinen Reisen und Expeditionen nicht gefunden. Er hat 33 Antworten verfasst. Es gibt zwar viele Ratgeber und Bücher zu Meditation, Achtsamkeit und Stille, aber wie man zur Ruhe kommt, weiß man trotzdem noch am besten selbst. Man darf also stricken, backen, spazieren, lesen oder einfach auf dem Sofa sitzen und nichts tun.

Sei Luise oder Wondrak, mach‘ am Ende der Stille mal ein bisschen Krach

Mit etwas Zeit und Geduld kann man also auch das Alleinsein lernen. Oder wenn man allein ist, lernt man, wie zur Ruhe kommt. Wie auch immer, man darf und soll umso dankbarer sein, wenn man eine Luise oder einen Wondrak hat, die einen abholen, wenn man sich schon zu lange in der Kunst des Alleinseins und der Stille übt. Man muss ja schließlich hin und wieder zusammen ein bisschen Krach machen, sonst weiß man das Alleinsein und die Stille nicht mehr zu schätzen. Umgekehrt gilt natürlich, wenn jemand zu sehr grübelt und allein ist, sei Luise oder Wondrak: hol ihn ab.

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mm
Autor

mag Zimt, Zitate und Kurzgeschichten, würde gerne mal in ein Taxi steigen und sagen: "Bitte folgen Sie dem Wagen da vorne!"

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