Nach fünf Jahren 54° nord hat sich das Campusmagazin Flensburg von seinem Namen getrennt. Eine Erklärung.

Den Originalitätsjackpot hatten wir mit unserem Namen 54° nord ganz bestimmt nicht geknackt. Für die Erkenntnis braucht es keine große Google-Recherche. Mineralwasser, Werbeagentur, Hotel, Strandbar in St. Peter: Kaum eine Marke oder ein Produkt, das sich nicht im Breitengrad der Beliebigkeit verpacken lässt. Schließlich ist die nordische Identität in Marketingkreisen nicht erst seit Fettes Brot ein Ding. So ist seit letztem Jahr 54° NORD auch im Zeitungskiosk angekommen. Nur leider hat das mit uns so rein gar nichts zu tun, sondern ist das Werk eines Eckernförder Verlags.

Dass der Tag kommen wird, an dem wir der neuen 54° NORD im Zeitschriftenregal gegenüberstehen werden, wussten wir bereits ein dreiviertel Jahr zuvor. Einer der angehenden Ressortchefs erzählte vom Konzept dieses neuen, bundeslandweiten Magazins. Wie das Heft aufgebaut werden soll, welche Zielgruppe es hat – und welchen Namen es tragen wird. Im grellen Orange leuchtete uns 54° NORD in Großbuchstaben vom Titel-Dummy aus entgegen. Ein schlechter Scherz? Leider nicht. Man habe nicht gewusst, dass es uns als Flensburger Campusmagazin mit diesem Namen bereits seit vier Jahren gab, hieß es. Das habe die Marktrecherche nicht gezeigt. Den Namen habe man sich übrigens schon patentieren lassen, aber man könne ja nebeneinander her leben, so der Vorschlag.

In der Realität aber ist dieses Nebenher für uns nach einiger Überlegung keine Option. Das wäre wie das Flensburger Tageblatt neben dem FLENSBURGER TAGEBLATT. Das kann nicht funktionieren. Knapp 15 Nachrichten von irritierten Freunden und Partnern, die uns auf die Namensdopplung aufmerksam machen wollten, zeigten das schnell. Und wie die Prinzen im Refrain singen, fühlte es sich für uns an: Ein bisschen beklaut. Ein bisschen wie zur Party mit dem gleichen Kleid aufkreuzen, obwohl man vorher schon verraten hat, was man anzieht.

Besser gemacht hat es auch nicht, dass sich der Verlag ausgerechnet die Europa-Universität als Partner für eine Kooperation ausgesucht hat – und damit den Ort, an dem wir unsere eigene 54° nord vor fünfeinhalb Jahren entwickelt haben. Angeleitet von einem Dozenten erstellte eine kleine Gruppe des Studiengangs International Management eine Blattkritik mit Verbesserungsvorschlägen für das Magazin, das so heißt wie wir. Dabei weiß doch eigentlich jeder Norddeutsche: In fremden Förden fischt man nicht.

Aber was soll das Nölen. Unser Campusmagazin hat dieses Jahr den Preis für die beste deutschsprachige Campuszeitung gewonnen und wir fühlen uns mehr als belohnt: Mit tollen Autoren, kreativer Freiheit, interessanten Interviewpartnern, Workshops in der nordischen Einöde und dem Gefühl, neben der ganzen Theorie des Studiums tatsächlich etwas zusammen und für einander zu schaffen. Und die Zeiten, dass uns dafür von offizieller Seite irgendjemand die Hand schüttelt oder einen Redaktionsraum auf dem Campus zur Verfügung stellt, kommen bestimmt noch. Wir jedenfalls geben die Hoffnung nicht auf.

 

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mm
Autor

würde auch während der Apokalypse keine Brille tragen und hält sich in den meisten Lebensfragen an die Lehren von Captain Jean-Luc Picard vom Raumschiff Enterprise.

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