Es ist schon 00:30 Uhr und ich irre immer noch mit einer Horde pubertierender Jugendlicher durch den S-Bahn-Dschungel Berlins. Dass ich alleine mit 23 Schülerinnen und Schülern nach Mitternacht unterwegs bin, deren Namen ich nur vereinzelt kenne, sollte mein Schulleiter vielleicht nicht unbedingt zu wissen bekommen. Recht war mir das in diesem Moment auch nicht, aber was soll man machen, wenn die anderen Kollegen mit dem Rest der Bande lieber noch eine Runde in der Schülerdisco tanzen und natürlich nur Cola trinken wollen. Jeder „richtige“ Lehrer hätte sich vermutlich geweigert sich mit so vielen Schülern alleine auf den Rückweg zum Hostel zu machen. Als Referendar ist man jedoch zu jeder Zeit zu jeder Tat bereit. Schließlich möchte man sich stets von seiner besten Seite zeigen, um keineswegs die „Dienstliche Beurteilung“ zu gefährden. Bevor ich noch weiter von meiner ersten Klassenfahrt als Lehrerin bzw. Referendarin im November 2015 berichte, fange ich lieber mal von vorne an.

Die erste Stunde als angehende Lehrerin

Angefangen habe ich das Referendariat direkt nach dem Studium. Ich, 27 Jahre jung, gebildet, hoch motiviert und voller Tatendrang. Ohne Unterrichtserfahrung wurde ich ins kalte Wasser oder besser gesagt ins Gefrierfach geworfen. Da stand ich nun. Klein, zierlich, jung aussehend und stets freundlich lächelnd, denn der erste Eindruck zählt ja bekanntermaßen am meisten. Doch das interessierte die „kleinen“ Sechstklässler nicht die Bohne. Nicht mal eine Vorstellungsrunde bekamen wir hin, ohne das bei jedem, wirklich jedem! Schüler ein blöder Kommentar fiel. Die meisten Sprüche kamen natürlich von Tyler, Chantal oder Jacqueline. Doch auch Marvin konnte sich nicht zusammenreißen und bewegte sich wie ein Flummi auf seinem Stuhl auf und ab.

Da musste ich doch glatt an den warnenden Spruch meines Studienleiters denken: „Marvin ist der neue Kevin!“ oder anders ausgedrückt „Marvin und Kevin, das sind keine Namen, das sind Diagnosen“. Na super, da hatte ich mich schon über eine Kevin-freie Klasse gefreut und dann sitzen da stattdessen zwei „Marvins“. Während ich versuchte, den hyperaktiven Marvin zur Ruhe zu bringen, legte Juliette seelenruhig ihre nackigen Beine (sie trug eine Hotpants zu einem bauchfreien T-Shirt) auf meinen Lehrertisch, steckte sich ihre Stöpsel ins Ohr und drehte die Musik voll auf. Als ich ihr mit Gesten verständlich machen wollte, dass wir nun im Unterricht angekommen seien und sie gefälligst aufpassen sollte, hörte sie weiter Musik als wäre ich Luft. Nach einer Weile stand Juliette auf und ging zur Tür. Mit den Worten „Ich hab meine Tage und muss mal schnell aufs Klo“ verabschiedete sie sich für den Rest der Stunde.

Von M.

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2 Kommentare

  1. Der Text liest sich für mich so, als hätte ihn eine inkompetente, weil nicht durchsetzungsfähige, Lehrkraft geschrieben.
    Sie ist ja noch Referendarin, und ich hoffe sie entwickelt sich noch weiter.

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