Erstsemester tragen mehr Deo und Parfüm als ältere Studenten, die Jacken von Frauen sind im Winter genauso dünn wie im Sommer, „Zara“ ist die beliebteste Marke, obwohl die Nähte mies vernäht sind, und Punks schwitzen am meisten, geben dafür aber Trinkgeld – wer an der Garderobe arbeitet, erfährt so einiges über die Gäste einer Veranstaltung. Nicht an der Bar oder auf der Tanzfläche, sondern hier, am Rande der Party, spielt sich die ganze Wahrheit ab.
Eigentlich gehören sie nicht dazu. Die meisten Gäste nehmen die Jungs und Mädels an der Garderobe nur als helfende Hände wahr, wenn die eigene Jacke abgegeben oder wieder mit nach Hause genommen wird. Viel mehr passiert im kleinen Raum kurz hinter der Clubtür nicht. Weit weg von Tanzfläche und Bar finden hier scheinbar nur der Anfang und das Ende von Partys statt, nicht das Dazwischen. Doch die, die hinter dem Tresen stehen, die Hüter von Taschen, Pullovern, Rucksäcken und Jacken, erleben genau an diesem Ort das pure Mittendrin. Denn was man gerne mal vergisst: Der Eingangsbereich ist in der Regel hellhörig, die Garderobe durch Textilien gut gedämmt. Oder wie Garderobist Nils es formuliert: „Man hat schon ein Ohr für die aktuellen Beziehungsdramen in dem Laden, ob man will oder nicht.“
Wenn das Innere ganz indiskret nach Außen torkelt
Wer geht immer früh nach Hause, wer findet den Absprung nicht, wer trinkt zu viel, wer kotzt vor die Tür und vor allem: Wer verlässt mit wem den Club? Die Dudes an der Garderobe kennen das Partypublikum ihrer Stadt besser als jeder andere. Schließlich steht das „Endprodukt des Abends“ am Ende mehr oder weniger schwankend vor ihrem Tresen.
„Wie sich die Paare am Ende des Abends finden, da ist manchmal lustiger Scheiß dabei. Mein Highlight war ein Typ, der hat sich vor die Garderobe gestellt und einfach stumpf jedes Mädchen angesprochen und direkt gefragt: ‚Willst du mit mir nach Hause kommen?‘ Und, Überraschung: Natürlich hatte er Erfolg.“ So beschreibt Nils die Masche für wahre Romantiker. „Aber man muss nicht denken, dass es nur Typen sind, die das so machen. Ich habe auch schon Mädels erlebt, die sich vor der Garderobe um das letzte Kondom gestritten haben.“
Kein Job für Gourmets
Wer an der Garderobe arbeitet, darf nicht empfindlich sein. Nicht selten duften die Jacken der Gäste nach Gras, oder – weniger erträglich – nach Schweiß. „Wir hatten auch mal einen Gast, der stand da und hat ganz ernsthaft drei Bier bei uns bestellt, weil er uns mit der Bar verwechselt hat“, erinnert sich Marius.
Tatsächlich geht bei Bene, Marius und Nils längst nicht nur Kleidung über den Tresen, oft geben die Gäste auch ganz andere Dinge ab. Die Highlights im Schnelldurchlauf: ein Glätteisen, ein geräucherter Aal, volle Reisetaschen, Long-, Skate- und Miniboards, ein Rucksack voller Kosmetika, schweißgetränkte T-Shirts und verdächtig schwere, laut klimpernde Jutebeutel voller Flaschen sind auch ab und zu dabei.
„Wir machen schon viel mit. Aber was richtig doll nervt: Wenn ein Gast seine Jacke vor fünf Minuten abgegeben hat, und dann noch einmal ‚ganz kurz daran will‘, weil er sein Geld darin vergessen hat. Das geht halt nicht, wenn bei uns eine mega Schlange ist“, erklärt Bene. Auch kein Geschenk: Wenn Gruppen von fünf sparsamen Personen ihre Jacke unbedingt auf einen einzigen Bügel hängen wollen, oder ein Gast anfängt zu feilschen. Schließlich kann man den Euro Garderobengebühr ja viel besser in einen Kurzen stecken. Richtig?
Seien wir mal ehrlich, auf den einen popligen Euro kommt’s nun wirklich nicht an. Der ist schon gut investiert. Nicht nur, weil man seine Jacke garantiert und ohne Bierdusche zurück bekommt, sondern auch weil die Garderobenjungs zum Abschied immer eine gute Nacht wünschen und die vielen Dramen, die sich vor ihren Ohren und Augen abspielen, diskret für sich behalten. Profis halt. Also seid nett zu der Garderobe und lasst auch mal ein bisschen Trinkgeld da. Die Crew weiß mehr über Euch, als Ihr glaubt.